Sueddeutsche : Nicht die EU hat versagt, sondern die Palästinenser

Angesichts der Kämpfe zwischen Hamas und Fatah hat die EU ihre humanitäre Hilfe für den Gazastreifen eingestellt - und denkt über eine internationale Friedenstruppe nach. Welche Rolle will die EU zukünftig im Nahostkonflikt spielen? Drei Fragen an Cornelia Bolesch, SZ-Korrespondentin in Brüssel.

sueddeutsche.de: Angesichts des blutigen Bruderkrieges zwischen Hamas und Fatah hat die Europäische Union die humanitäre Hilfe im Gazastreifen eingestellt. Ein notwendiger Schritt oder ein Zeichen der Ohnmacht?

Cornelia Bolesch: Beides trifft zu: Die Einstellung der Hilfe ist einerseits ein Zeichen von Ohnmacht, andererseits aber erst einmal notwendig. Die EU fühlt sich gezwungen, etwas gegen ihren Willen zu tun. Auch während der Konfrontation mit der Hamas-Regierung hat die EU die humanitäre Hilfe an die palästinensische Bevölkerung nie in Frage gestellt. 84 Millionen Euro wurden 2006 gezahlt. Für dieses Jahr sind bisher 60 Millionen vorgesehen. Kommissar Louis Michel zeigt sich ohnmächtig und wütend, dass der Geldfluss ausgerechnet jetzt stoppt, wenn die Menschen verzweifelt Hilfe brauchen.

Dennoch scheint der vorläufige Stopp der Hilfe notwendig zu sein. Die Kommission begründet es mit Sicherheitsproblemen. Es scheint mir logisch, dass man sich, wenn ein Bürgerkrieg losbricht, erst einmal zurückzieht und versucht, sich ein klares Bild zu verschaffen. Es geht um Menschen und Organisationen, die dort die Hilfe verteilen und für die sich die EU verantwortlich fühlt. Deren Sicherheit muss von der Hamas garantiert werden. Ich bin mir sicher, dass die EU die humanitäre Hilfe, so bald es geht, wieder aufnehmen wird.

sueddeutsche.de: Der EU-Außenbeauftragte Solana brachte eine Beteiligung der EU an einer internationalen Friedenstruppe für den Gazastreifen ins Spiel. Was ist von diesem Vorschlag zu halten und ist er in der EU überhaupt durchzusetzen?

Bolesch: Eine internationale Friedenstruppe halte ich für schwer durchsetzbar. Die soll ja keinen Krieg führen, sondern für Ruhe sorgen. Doch gegen den Willen der Hamas geht das sowieso nicht. Die Frage, ob es in der EU durchsetzbar wäre: Wie bei anderen militärischen Einsätzen auch, würde sich im Ernstfall schon ein Weg finden. An so einer Truppe müssten sich ja nicht alle EU-Staaten beteiligen.

sueddeutsche.de: Manche Stimmen fordern nun sogar den Dialog mit der Hamas, um dem innerpalästinensischen Konflikt beizukommen. Hat die Europäische Union mit ihrer Nahostpolitik bisher versagt und welche Strategien bleiben ihr, um doch noch einen Beitrag zur Lösung des Konflikts zu leisten?

Bolesch: Nicht die EU hat in Nahost versagt, sondern die Palästinenser - und, in einem gewissen Umfang und im tragischen Sinne, auch die Israelis. Man sollte die Verantwortlichen schon klar benennen und nicht immer von europäischen Politikern verlangen, von heute auf morgen die Welt zu retten. Wer auf die Geschichte der Nahostkrise zurückblickt, sieht ein Knäuel von Hass und Problemen, das von außen schwer zu lösen ist.

Immerhin hat es die EU in der Vergangenheit geschafft, bei ihrer Nahost-Politik zwischen ihren eher pro-palästinensischen und pro-israelischen Staaten ein Gleichgewicht zu halten. Vielleicht gibt es jetzt, wo die Fronten bei den Palästinensern klar sind, sogar eine gewisse neue Chance. Der Westen mit Hilfe Israels müsste jetzt alles versuchen, um die Fatah und Abbas zu stützen.

Cornelia Bolesch ist Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung in Brüssel. Die Fragen stellte Gökalp Babayigit.

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http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article120318909/Besser-kann-es-nicht-werden-fuer-die-Palaestinenser.html

 

 

"Besser kann es nicht werden für die Palästinenser"

 

Warum wollen die Palästinenser keinen eigenen Staat? Ein Gespräch mit dem israelischen Schriftsteller Eli Amir über den Niedergang der israelischen Opposition und Netanjahus Spiel mit der Angst.

 

Von Henryk M. Broder

Foto: picture alliance / dpa "Demokratie ist kein Exportartikel": Eli Amir, Bestsellerautor

Eli Amir, 1937 in Bagdad geboren, kam als Dreizehnjähriger mit seinen Eltern und fünf Geschwistern nach Israel. Seine politische Karriere begann er als Bote im Büro des ersten Ministerpräsidenten, David Ben Gurion. Nach dem Studium arabischer Literatur und der Geschichte des Nahen Ostens wurde er u.a. Berater von Shimon Peres für arabische Angelegenheiten. Als Schriftsteller machte er sich einen Namen mit historischen Romanen, wie dem "Taubenzüchter von Bagdad". Die "Neue Zürcher Zeitung" nannte ihn das "israelische Pendant" zu dem Ägypter Nagib Mahfus.

Die Welt: Eli Amir, immer wieder schreiben israelische Intellektuelle offene Briefe an die Regierung und raten ihr, was sie tun beziehungsweise nicht tun sollte, um den Konflikt mit den Palästinensern zu lösen. Schriftsteller wie Amos Oz, David Grossman und A.B. Yehoshua haben sich damit einen Ruf als "kritische Israelis" erarbeitet. Gehören Sie auch zu dieser Gruppe?

Eli Amir: Ich gehöre dazu, seit vielen Jahren. Ich mache es praktisch jede Woche, donnerstags von 17 bis 18 Uhr im zweiten Programm des israelischen Rundfunks, zusammen mit Geula Cohen, die ich persönlich sehr schätze, ohne ihre politischen Ansichten zu teilen. Ich bin die Stimme der Linken, sie ist die Stimme der Rechten. Und jedes Mal sage ich meiner Regierung, was sie tun sollte. Und wie sie es tun sollte. Aber ich spüre, dass sich etwas ändert. Amos Oz, David Grossman und A.B. Yehoshua melden sich kaum noch zu Wort, Yoram Kanjuk ist vor kurzem gestorben. Die Helden sind entweder tot oder müde. Das ist unvermeidlich, nach so vielen Jahren des Kampfes für den Frieden und den Ausgleich mit den Palästinensern...

Die Welt: Und alle Mühen waren vergeblich?

Eli Amir: So weit würde ich nicht gehen. Aber vergessen Sie nicht, wir werden seit über zwanzig Jahren vom Likud regiert. Das hat die israelische Gesellschaft geprägt. Wir sind ein anderes Land geworden. Die linken Parteien haben ihren Einfluss verloren. Und das kommt vor allem daher, dass es auf der Seite der Linken keine Führungspersönlichkeiten gibt. Jitzhak Rabin war der letzte seiner Art.

Die Welt: Machen Sie den Likud für das Versagen der Linken verantwortlich?

Eli Amir: Ich mache uns selbst dafür verantwortlich, dass wir bedeutungslos geworden sind. Ich werde Ihnen eine Geschichte erzählen, die ich noch nie jemand erzählt habe. Als Shimon Peres noch Außenminister war, hat er mich gebeten, ihn nach Ägypten zu begleiten, zu einem Treffen mit Präsident Mubarak. Vor dem Termin mit Mubarak hatten wir die Gelegenheit, uns mit Osama el-Bas zu unterhalten, einem der Berater des Präsidenten. Ich habe mit ihm auf Arabisch geredet, und ich habe ihm gesagt: "Bring mir 15 Palästinenser, die zu einem Dialog bereit sind, und ich werde dir jeden Israeli bringen, der bei uns etwas zu sagen hat!" Worauf Osama el-Bas mit einem Lächeln auf den Lippen sagte: "Dafür ist es zu spät. Arafat hat euch ein Messer in den Rücken gerammt. Er hat diejenigen in Israel, die den Frieden wollten, hinterrücks abgemurkst."

Die Welt: Wie soll man das verstehen?

Eli Amir: Arafat hat der israelischen Friedensbewegung den Todesstoß versetzt, als er im Jahre 2000 ein von Bill Clinton vermitteltes Abkommen abgelehnt hat. Osama el-Bas war ein sehr kluger Mann. Und er kannte Arafat gut. Er wusste, dass Arafat das Eine sagte und das Andere machte.

Die Welt: Was hat das mit der israelischen Linken zu tun?

Eli Amir: Sie hat sich von diesem Schock bis heute nicht erholt. Die linken Intellektuellen haben immer noch nicht begriffen, was damals passiert ist. Israel war zu sehr weitgehenden Zugeständnissen bereit und Arafat sagte nein. Damit büßten auch unsere Linken ihre Glaubwürdigkeit ein, hatten sie doch immer wieder behauptet, wenn wir den Palästinensern nur weit genug entgegen kommen.

Die Welt: Und deswegen hört keiner mehr auf sie?

Eli Amir: Keine Seele. Vor Netanjahu haben alle Ministerpräsidenten den Dialog mit den Intellektuellen gesucht. Seit Netanjahu regiert, ist es damit vorbei.

Die Welt: Vielleicht hat Netanjahu Recht. Vielleicht kommt es wirklich nicht darauf an, was die Intellektuellen meinen oder wollen?

Eli Amir: Das ist ihm alles vollkommen egal. Er würde es nicht einmal zur Kenntnis nehmen, wenn sie ihn loben würden. Es kommt aber noch etwas dazu. Die Palästinenser haben uns im Regen stehen lassen. Ich bin kein Anhänger der Rechten und der Siedlungspolitik, ich will ein Ende der Besatzung, ich möchte, dass die Palästinenser einen eigenen Staat haben, dass sie sich selbst regieren. Die Besatzung korrumpiert uns noch mehr als sie. Aber: Die Palästinenser wollen keinen eigenen Staat haben.

Die Welt: Wie bitte?

Eli Amir: Die Palästinenser wollen keinen eigenen Staat haben. Für Sie hört sich das verrückt an, Sie kommen aus dem Westen. Die Palästinenser haben ihre eigene Logik. Der jetzige Zustand ist für sie ideal. Besser kann es nicht werden. Die ganze Welt fühlt mit ihnen, die ganze Welt hilft ihnen, ihr Problem liegt auf jedem Tisch, Europa setzt sich für sie ein, Amerika setzt sich für sie ein; Russland, China und der Iran ebenso. Sie sind Everybody's darling. Wozu brauchen sie einen Staat? Wegen der Straßenreinigung? Um Arbeitsplätze zu schaffen?

Die Welt: Um unabhängig zu sein, um nicht unter einer Besatzung zu leben.

Eli Amir: Ach was! Das ist Ihre westliche Logik. Sie haben keine Ahnung, wie es im Orient zugeht. Und worum es geht. Jedenfalls nicht um das gemeine Volk. Es geht um die Lebensbedingungen der Clique, die in den palästinensischen Gebieten das Sagen hat. Das sind etwa hundert Leute mit ihren Familien und Anhängern.

Die Welt: Das ist die ganze herrschende Klasse? Einhundert Leute mit Anhang?

Eli Amir: Ja, es können auch 150 sein. Aber es ist eine ganz dünne Schicht, der es noch nie so gut ging wie jetzt. Haben Sie den Palast gesehen, in dem Jibril Rajoub lebt?

Die Welt: Nur aus der Ferne. Ich habe aber den Regierungssitz von Präsident Abbas besucht. Sehr eindrucksvoll.

Eli Amir: Na bitte. Diese Leute sind vermögend, sie reisen durch die Welt, viele machen auch mit den Israelis Geschäfte. Wenn die wirklich einen eigenen Staat hätten, müssten sie Verantwortung übernehmen.

Die Welt: Mag alles stimmen. Aber wenn sie von Ramallah nach Hebron wollen, müssen sie an israelischen Kontrollpunkten vorbei. Leben unter Besatzung ist kein Spaß.

Eli Amir: Die Leute, von denen ich rede, leiden nicht unter der Besatzung, sie profitieren von der Besatzung. Sie werden auch von den Israelis hofiert. Die einfachen Leute leiden, aber auf die kommt es nicht an. Wir sind hier doch nicht Deutschland! Ihr im Westen könnt das nicht verstehen! Es geht nicht um Demokratie, es geht um Macht und um einen Platz an der Quelle, also dort, wo das Geld sprudelt.

Die Welt: Heißt das, Demokratie hat in arabischen Gesellschaften keine Chance?

Eli Amir: Das sage ich nicht. Demokratie wird kommen, wenn die Araber Demokratie haben möchten. Wenn sie ihre Frauen aus der Sklaverei befreit haben. Man kann ihnen die Demokratie nicht verschreiben, man kann ihnen keine westlichen Werte aufpfropfen. Sie hassen den Westen, sie verachten den Westen, der Westen verkörpert für sie alle Übel dieser Welt. Und der Westen will das nicht verstehen.

Die Welt: Sie übertreiben.

Eli Amir: Nein, ich verallgemeinere nur ein wenig. Schauen Sie doch nur, was aus dem Arabischen Frühling geworden ist! Warum haben sich die Aufgeklärten nicht durchgesetzt?

Die Welt: Jetzt reden wir über Tunesien, Ägypten und Syrien.

Eli Amir: Aber wenn wir uns ins Auto setzen, sind wir in zehn Minuten in Bethlehem. Ja, und dann machen wir uns auf die Suche nach den 15 Palästinensern, auf die ich seit Jahren warte.

Die Welt: Haben Sie Kontakte zu Palästinensern?

Eli Amir: Nicht mehr. Seit uns klar wurde, dass Oslo die Lage nicht verbessert, sondern verschlechtert hat. Die Rechten haben Oslo immer abgelehnt, und wir, die linken Narren, hatten nichts mehr in der Hand, womit wir die Verträge rechtfertigen konnten.

Die Welt: Und jetzt?

Eli Amir: Jetzt spielt Netanjahu die Angstkarte aus. Wir Juden sind von Natur aus ängstlich. Wir hatten in unserer Geschichte genug Gründe, um ängstlich zu sein. Das nutzt Netanjahu aus. Gestern hatten wir Angst vor Saddam Hussein, heute haben wir Angst vor der iranischen Atombombe, morgen wird es wieder etwas Anderes sein.

Die Welt: Alles nur Paranoia?

Eli Amir: Nein, auch Paranoiker haben echte Feinde. Aber wenn man mit Angst Politik macht, kommt man nicht von der Stelle.

Die Welt: Ein Teufelskreislauf.

Eli Amir: Ja. Wir trauen den Palästinensern nicht. Und die Palästinenser trauen uns nicht. Aber anders als Netanjahu ist Abbas ein kluger Mann. Er weiß, was er will und wie er es erreichen kann. Er hat verstanden, dass Terror der Sache der Palästinenser schadet. Also hat er mit dem Terror Schluss gemacht und sich auf Diplomatie verlegt. Und jetzt bekommt er alles, was er haben will.

Die Welt: Viel ist es nicht.

Eli Amir: Mein Freund, Sie müssen sich mal in die Lage von Abbas versetzen. Er ist der Präsident eines Staates, der kurz vor der internationalen Anerkennung steht. Es ist ihm gelungen, uns zu delegitimieren und zu dämonisieren, Israel als einen Apartheid-Staat darzustellen. Ist das nichts?

Die Welt: Und Israel?

Eli Amir: Israel ist der böse Bube. Auch wenn wir 104 Mörder freilassen, damit seine Majestät Mahmoud Abbas überhaupt mit uns redet. Das ist doch irre!

Die Welt: Gibt es überhaupt noch Linke in Israel?

Eli Amir: Ja, aber im Dämmerzustand. Was uns fehlt, ist eine charismatische Gestalt, die sie wiederbeleben könnte. Wie gesagt, jemand wie Rabin.

Die Welt: Kein Wunder, dass es mit dem Friedensprozess nicht voran geht.

Eli Amir: Täuschen Sie sich nicht! Beide Seiten genießen die Situation! Die ganze Welt schaut auf uns, macht sich Gedanken um uns! Die EU, die UN, die USA! Wie oft war der amerikanische Außenminister in den letzten Monaten in Damaskus und wie oft war er in Jerusalem und Ramallah? Uns geht es gut und auch die Palästinenser in der Westbank wissen, dass es ihnen unter der Besatzung besser geht als ihren Brüdern und Schwestern in Syrien oder im Libanon.

Die Welt: Das ist doch kein Argument für die Fortdauer der Besatzung.

Eli Amir: Nein. Die Besatzung schadet uns, sie zerstört unsere Moral, unsere Wirtschaft, unser Ansehen in der Welt. Sie ist schlecht für uns. Mir sind die Palästinenser egal, ich mache mir Sorgen um mein Volk. Was ist gut für uns, die Israelis? Und wenn etwas für uns gut ist und auch für die Palästinenser – umso besser! Wir wollen "Peace Now!", Frieden jetzt. Aber die Palästinenser haben Geduld, sie denken, dass sie eines Tages die Mehrheit in dem Gebiet zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer haben werden. Und wenn es noch hundert Jahre dauert. Das ist deren Philosophie.

Die Welt: Und was heute passiert, kümmert die nicht? Sie denken lieber ans Übermorgen?

Eli Amir: Sie verstehen mich wieder nicht. Ich habe es Ihnen doch eben erklärt. Die palästinensische Elite besteht aus etwa hundert Leuten, Mahmoud Abbas, Saed Erekat, Hanan Aschrawi... Diese Leute genießen ihr Leben, sie treten im Fernsehen auf, sie reisen durch die Welt, alles im Namen der besetzten und unterdrückten Palästinenser. Die dürfen ihren Führern zujubeln, in Gaza ebenso wie in der Westbank. Die Palästinenser sind so weit von Demokratie entfernt wie der Mond von der Erde. Und so lange der Westen das nicht begreift, wird er alle Fehler wiederholen, die er schon in Afghanistan und im Irak gemacht hat. Noch einmal: Demokratie ist kein Exportartikel wie Laptops und iPhones. Wir haben in Israel vor zwei Jahren Massenproteste gehabt, weil der Preis für Hüttenkäse gestiegen war. Gibt es in Gaza oder in der Westbank Demonstrationen gegen die Willkür der Hamas oder der Fatah?

Die Welt: Israelis riskieren nicht ihr Leben, wenn sie auf die Straße gehen.

Eli Amir: Eben, das ist der Unterschied. Auch die Israelis schätzen die Situation falsch ein, machen sich Illusionen, wenn sie glauben, dass sie hier und da ein wenig nachgeben müssen, um zu einer dauerhaften Lösung zu kommen. Ich rechtfertige nichts, was unsere Regierung macht. Ich weiß nur eines: Wir müssen diese besetzten Gebiete loswerden, die Palästinenser sollen ihren Staat bekommen. Wie sie sich dann organisieren, wen sie wählen oder nicht wählen, geht uns nichts an. Wir müssen nur für unsere eigene Sicherheit Sorge tragen.

Die Welt: Wäre ein palästinensischer Staat neben Israel nicht auch eine Sicherheitsgarantie?

Eli Amir: Wenn die Palästinenser könnten, würden sie uns ins Meer treiben, lieber heute als morgen. Aber sie können es nicht, also verhandeln sie mit uns. Ich spreche Arabisch, ich lese und höre, was sie in den Zeitungen schreiben, was sie im Radio sagen. Sie hassen uns! Arafat hat auf Englisch ganz anders geredet als auf Arabisch. Abbas ebenso. Ich brauche keinen Übersetzer, um sie zu verstehen. Und deswegen will ich diesen Konflikt beenden. Nichts wie weg!

Die Welt: Aber auch Sie wissen nicht, wie das geschehen soll.

Eli Amir: Wenn die Israelis und die Palästinenser nicht in der Lage sind, sich zu einigen, muss ihnen eine Lösung aufgezwungen werden.

Die Welt: Von wem?

Eli Amir: Dazu wären nur die USA in der Lage, indem sie Druck auf beide Seiten ausüben. Aber Obama kann das nicht.

Die Welt: Sind Sie für einen Boykott israelischer Produkte, die in der Westbank hergestellt wurden?

Eli Amir: Nein, das ist doch lächerlich, dabei geht es um Peanuts, das ist nicht die Art von Druck, die ich meine. Außerdem müssen beide Seiten unter Druck gesetzt werden. So ein Boykott würde auch den Bau der Siedlungen nicht stoppen, im Gegenteil, es würde noch mehr gebaut werden!

Die Welt: Und wie soll der Druck auf die Palästinenser aussehen?

Eli Amir: Indem die Europäer und die Amerikaner aufhören, ihnen Geld zu schicken. Die ganze palästinensische "Selbstverwaltung" wird von Spenden finanziert.

Die Welt: Und dann bricht der Frieden aus?

Eli Amir: Ich weiß es nicht. Aber es wäre einen Versuch wert.

 

 

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